Was sind Neuronale Netze?
Künstliche Neuronale Netze sind ein faszinierendes Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI), das in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht hat. Ein neuronales Netz ist ein Computermodell, das von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns inspiriert ist und aus vielen miteinander verbundenen Knoten (Neuronen) besteht. Diese Knoten können z. B. in Schichten organisiert sein und zusammenarbeiten, um komplexe Muster in Daten zu erkennen und zu lernen. Neuronale Netze werden beispielsweise für komplexe Aufgaben der Spracherkennung und -verarbeitung, der Bilderkennung sowie für Chatbots und Vorhersagemodelle eingesetzt.
Wie funktioniert ein Neuronales Netz?
Ein Neuron empfängt Signale, verarbeitet sie und gibt sie an das nächste Neuron weiter. Durch das Trainieren des neuronalen Netzes können komplexe Muster in den Daten erkannt und in der Struktur des neuronalen Netzes gespeichert werden. Die meisten Neuronalen Netze sind nach dem Feed Forward Prinzip aufgebaut, wie die folgende Abbildung zeigt:
Abb. 1: Mulilayer-Feedforward-Netzwerk mit zwei Hiddenlayern nach Vorlage von McGonagle et al, 2020
Wie funktioniert das Training eines Neuronalen Netzes?
In der obigen Abbildung sehen wir, wie das Neuronale Netz aus Eingabeschichten, verborgenen Schichten und einer Ausgabeschicht besteht. Während des Trainings passt das Netz die Gewichte der Verbindungen an, um die Klassifizierung zu optimieren. In der Eingabeschicht (Inputlayer) wird jedem Neuron ein bestimmter Wert zugewiesen, z.B. drei Neuronen pro Pixel bei RGB-Bildern. Die Ausgabeschicht (Outputlayer) besteht in der Regel aus Klassen, wobei jede Klasse durch ein einzelnes Neuron repräsentiert wird, das entweder den Wert 1 oder 0 annehmen kann. Es ist jedoch auch möglich, eine Regressionsaufgabe zu definieren. In diesem Fall besteht die Ausgabeschicht (Outputlayer) in der Regel aus einem einzigen Neuron, das beliebige Werte annehmen kann.
Ein häufiges Anwendungsbeispiel ist die Bildklassifikation, die zum Bereich des überwachten Lernens (Superviced Learning) gehört. Dabei handelt es sich um ein Verfahren des maschinellen Lernens, bei dem ein Modell anhand eines Datensatzes trainiert wird, wobei jede Eingabe mit der entsprechenden Ausgabe verknüpft wird. Ziel ist es, anhand dieser Trainingsdaten Muster zu erkennen und präzise Vorhersagen für neue, unbekannte Daten zu treffen.
Beispiel
Angenommen, wir wollen ein neuronales Netz darauf trainieren, Katzen von Hunden zu unterscheiden. Dabei erfolgen mehrere Schritte:
1. Datenerfassung: Wir sammeln tausende Bilder von Katzen und Hunden.
2. Vorverarbeitung: Die Bilder werden auf eine einheitliche Größe skaliert und in ein für das Netz verständliches Format umgewandelt.
3. Training: Das neuronale Netz lernt, welche Merkmale für Katzen und Hunde typisch sind, indem es die Bilddaten analysiert.
4. Validierung: Wir überprüfen die Genauigkeit des Netzes mit neuen, unbekannten Bildern.
Gewichtung der Reaktionsstärke
Neuronale Netze funktionieren, indem sie die Stärke der Reaktion eines Neurons auf ein Signal durch Gewichte bestimmen. Diese Gewichte beeinflussen, wie das eingehende Signal verarbeitet wird, um zu einem gewünschten Ergebnis zu führen. Der Lernprozess, auch Training genannt, passt diese Gewichte an, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Dabei kommen Algorithmen wie der Backpropagation-Algorithmus zum Einsatz, der Fehler minimiert und das Netz optimiert.
Die Anpassung der Gewichte im Detail
Ein neuronales Netz besteht aus vielen Verbindungen zwischen Neuronen, die jeweils ein Gewicht haben. Diese Gewichte bestimmen, wie stark das Signal eines Neurons das nächste Neuron beeinflusst. Der Backpropagation-Algorithmus ist ein Verfahren, das die Fehler in der Ausgabe des Netzes nutzt, um die Gewichte anzupassen. Ein praktisches Beispiel, das veranschaulicht, wie die Gewichtsanpassung in neuronalen Netzen funktioniert, ist die Erkennung handgeschriebener Zahlen. Ein bekannter Datensatz hierfür ist der MNIST-Datensatz, der 60.000 Trainingsbilder und 10.000 Testbilder von handgeschriebenen Ziffern von 0 bis 9 enthält.
Ablauf
1. Vorwärtsdurchlauf:
Die Eingabedaten werden durch das Netzwerk geleitet und es wird eine Vorhersage getroffen. In diesem Beispiel ist jedes Bild im MNIST-Datensatz eine 28×28 Pixel große Graustufen-Bilddatei. Diese Pixelwerte (784 Werte) werden als Eingabedaten in das neuronale Netz eingegeben.
2. Verarbeitung:
Die Eingabedaten durchlaufen das Netz, das aus einer Eingabeschicht, mehreren verborgenen Schichten und einer Ausgabeschicht besteht.
3. Vorhersage:
Das Netz gibt eine Vorhersage aus, z.B. die Wahrscheinlichkeit, dass das Bild die Ziffer „7“ darstellt.
4. Fehlerberechnung:
Der tatsächliche Wert ist bekannt (z.B. die Ziffer „7“). Der Fehler wird berechnet, indem die Differenz zwischen der tatsächlichen Ziffer und der vom Netz vorhergesagten Ziffer ermittelt wird. Wenn das Netzwerk z. B. eine „9“ statt einer „7“ vorhersagt, ist der Fehler groß.
5. Rückwärtsdurchlauf:
Der Fehler wird rückwärts durch das Netz propagiert. Dabei werden die Gewichte so angepasst, dass der Fehler in zukünftigen Durchläufen minimiert wird (Backpropagation-Algorithmus).
Deep Learning: Eine Technologie, die Bild- und Spracherkennung revolutioniert
Deep Learning ist eine spezielle Art von neuronalen Netzen, die aus vielen verborgenen Schichten bestehen. Diese tiefen Netze können sehr komplexe Muster und Zusammenhänge erkennen. Sie haben in Bereichen wie der Bild- und Spracherkennung bahnbrechende Erfolge erzielt.
In der Bildverarbeitung hat Deep Learning die Entwicklung von Technologien wie Gesichtserkennung, Objekterkennung und medizinische Bildanalyse revolutioniert. Gesichtserkennungssysteme, die beispielsweise in Smartphones zum Einsatz kommen, nutzen tiefe neuronale Netze, um Gesichter mit hoher Genauigkeit zu erkennen und zu identifizieren. In der medizinischen Bildanalyse helfen Deep-Learning-Modelle bei der Früherkennung von Krankheiten wie Krebs, indem sie Anomalien in Röntgen-, MRT- und CT-Bildern erkennen.
In der Spracherkennung haben Deep-Learning-Algorithmen die Leistung von Systemen wie Sprachassistenten und automatischen Übersetzungsdiensten erheblich verbessert. Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Google Assistant nutzen tiefe neuronale Netze, um gesprochene Befehle zu verstehen und darauf zu reagieren. Diese Systeme lernen ständig aus den Interaktionen mit den Nutzern und verbessern kontinuierlich ihre Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit.
In welchen Bereichen können Neuronale Netze außerdem eingesetzt werden?
Neuronale Netze haben in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht. Hier einige der bemerkenswertesten Entwicklungen mit Beispielen aus der praktischen Anwendung:
Künstliche Intelligenz für die Landwirtschaft
Neuronale Netze werden eingesetzt, um Ernteerträge zu maximieren und den Einsatz von Ressourcen zu optimieren. Sie analysieren Daten von Sensoren beispielsweise von Drohnen und Satelliten, um den Zustand von Pflanzen zu überwachen, Schädlinge frühzeitig zu erkennen und Bewässerungsstrategien zu verbessern.
Finanztechnologie und Betrugserkennung
Im Finanzsektor helfen neuronale Netze, betrügerische Aktivitäten aufzudecken und zu verhindern. Sie analysieren Transaktionsmuster in Echtzeit, identifizieren Anomalien und unterstützen Banken und Finanzdienstleister bei der Risikobewertung und der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
Kundenbetreuung und Chatbots
Neuronale Netze treiben moderne Chatbots und virtuelle Assistenten an, die im Kundensupport eingesetzt werden. Diese Systeme sind in der Lage, natürliche Sprache zu verstehen und zu verarbeiten, so dass Unternehmen rund um die Uhr einen effizienten und personalisierten Kundenservice anbieten können.
Sprachübersetzung und -transkription
Neuronale Netze revolutionieren die Sprachübersetzung und -transkription in Echtzeit. Sie ermöglichen eine nahtlose Kommunikation zwischen Menschen verschiedener Sprachen, indem sie gesprochene Sprache in Echtzeit übersetzen und schriftlich festhalten.
Autonome Drohnen und Robotik
In der Robotik und bei autonomen Drohnen werden neuronale Netze beispielsweise eingesetzt, um die Navigation, die Objekterkennung und die Entscheidungsfindung zu verbessern. Diese Technologien werden in Bereichen wie Lieferdienste, Landwirtschaft und Rettungsdiensten immer wichtiger.
Personalisierte Werbung und Marketing
Neuronale Netze analysieren große Datenmengen, um personalisierte Werbekampagnen zu erstellen. Sie interpretieren das Verhalten und die Vorlieben der Verbraucher, um zielgerichtete Marketingstrategien zu entwickeln und die Wirksamkeit von Werbemaßnahmen zu erhöhen.
Fazit
Neuronale Netze haben sich als eine der bahnbrechendsten Technologien im Bereich der künstlichen Intelligenz etabliert. Ihre Fähigkeit, komplexe Muster und Zusammenhänge in großen Datenmengen zu erkennen, hat in vielen Bereichen zu großen Fortschritten geführt. Ob in der Bild- und Spracherkennung, in der Medizin oder in der Landwirtschaft – neuronale Netze optimieren Prozesse, steigern die Effizienz und eröffnen völlig neue Möglichkeiten. Sie treiben nicht nur die Entwicklung von Technologien wie Gesichtserkennung und Sprachassistenten voran, sondern spielen auch bei der Betrugserkennung, der Kundenbetreuung und der personalisierten Werbung eine entscheidende Rolle. Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Implementierung von Deep-Learning-Algorithmen wird das Potenzial neuronaler Netze weiter wachsen und noch tiefere Einblicke und innovative Anwendungen ermöglichen. Die Zukunft der künstlichen Intelligenz ist untrennbar mit den Fortschritten im Bereich der neuronalen Netze verbunden, und wir können gespannt sein, welche weiteren Durchbrüche sie in den kommenden Jahren bringen wird.
Quelle:
McGonagle, J., Garcia, J.A., Mollick, S., 2020. Feedforward Neural Networks. Brillant.org URL Feedforward Neural Networks | Brilliant Math & Science Wiki (abgerufen am 30.07.2024).
Autorin:
Aline Arastafar, M. Sc., Wissenschaftliche Mittarbeiterin am ZeMA gGmbH